Die Heilkraft des Puppenspiels

Der Puppenspiel-Impuls zählt zu den allerwichtigsten kulturtherapeutischen Initiativen für unsere Gegenwart. Warum? Weil hier mit den Hand- und Marionettenpuppen etwas gelingt, was im Theater oder Kino nicht möglich ist: dass die geistigen und seelischen Äusserungen der Spieler ganz in den Dienst der Bilder treten, die es mit Hilfe der Puppen zu gestalten gilt. Auf unschuldigste Art werden so Märchen, Dramen, Szenen und Ereignisse des Lebens im Bilde vorgeführt und in einer Weise Wirklichkeit, die es dem Zuschauer – insbesondere den Kindern – erlaubt, die Inhalte über das Bewusstsein aufzunehmen, ohne der seelischen Wucht ausgesetzt zu sein, die von der Dramatik echten Schauspiels ausgeht. Das geistig Bildhafte tritt in den Vordergrund, das imaginative Vermögen bekommt reiche Nahrung, wohingegen das Wesen des Kindes zugleich geschützt ist vor zu starken Eindrücken, die die Bilderabfolge als solche stören würden. Das Puppenspiel ist für Kinder unbewusst – für Erwachsene bewusst – eine Erziehung zum imaginativen Schauen, eine Anregung des ätherischen Organismus, und ist damit auch für die Selbstheilungskräfte von höchstem Rang. Zudem ist es die einzige wirksame Alternative gegenüber dem Fernsehen und der Multimedia-Kultur unserer Tage. Ich möchte mich wärmstens dafür aussprechen, dass wir vom Goetheanum aus eine Puppenspielkultur in aller Welt fördern und bitte jeden, der diese Broschüre zur Hand nimmt, mitzuüberlegen, was er finanziell und ideell dazu beitragen kann, eine solche Puppespielkultur zu fördern.

Dr. Michaela Glöckler
Ehemalige Leiterin der Medizinischen Sektion am Goetheanum